Der Wald-und Wiesenknigge
Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen: zuerst how to Kräutersammeln
Das Kräutersammeln ist sicherlich eine der angenehmsten Tätigkeiten, wenn man sich auf dieses Hobby einlässt. Sobald man sich mit Kräutern beschäftigt erkennt man, dass alle Theorie grau, die Praxis dafür aber äußerst farbenfroh ist. Denn ohne einen ausgiebigen Spaziergang oder Garten-/Balkonbesuch läuft in der Kräuterküche, Naturkosmetik oder der Heilkräuterapotheke so gut wie gar nichts. Sicherlich ist es heutzutage in Zeiten der Umweltverschmutzung und Luftverpestung eine etwas größere Herausforderung „gesunde“ Kräuterplätze zu finden – doch unmöglich ist es nicht.
Ich empfehle die Kräuter wegen der Schadstoffbelastung nicht direkt am Straßenrand und wegen der Hundetoiletten nicht direkt am Wegesrand zu pflücken. Meine „Opfer“ stehen meist mindestens 30 Meter in den Wiesen. Wenn ich im hohen Gras jedoch einen Spazierweg sehe, der darauf schließen lässt, dass sich hier ein kleines Füchslein verlustiert hat, wechsle ich ebenfalls das Revier, da der Fuchsbandwurm zwar recht selten ist, aber wenn man ihn hat, sehr gefährlich werden kann. Außerdem empfehle ich Ihnen dringend lange, helle Hosen, helle Socken und geschlossenes Schuhwerk. Auch ein atmungsaktives Langarmshirt ist zum Kräutersammeln angesagt.
Warum ? Zecken sind heimtückische, hinterlistige Biester, die arglose Sammer ohne zu Zögern anfallen und schamlos aussaugen. Dabei fungieren sie in weitaus geringerem Maße als Überträger der Frühsommer-Meningitis, sondern wesentlich häufiger als Lyme-Borreliose-Überträger. Und glauben Sie es mir aus eigener, leidvoller Erfahrung: Diese Krankheit ist so richtig fies. Bei der hellen Kleidung sehen Sie die Biester sofort und könne ad hoc zuschlagen, bzw. die Zecken in die Toilette entsorgen.
Wenn man Kräuter sammelt empfiehlt es sich, einen offenen Korb zu verwenden. In Plastiktüten beginnen die wertvollen Pflanzen
Null-Komma-Nichts zu gären und in Windeseile zu schimmeln. Plastikbehälter eignen sich ebenso wenig.
Die Ausrüstung einer „Kräuterhexe“ beinhaltet besagten Korb oder eine Stofftasche, ein scharfes Messer, Beschriftungskärtchen und einen dickeren Faden mit denen die Kräuter zusammengebunden und beschriftet werden können. So eindeutig sich Ihnen die frischen Kräuter in der Natur auch präsentieren mögen – in angetrocknetem Zustand ist es sehr schwer, sie noch richtig zu benennen und zu sortieren. Je nach Wissensstand ist ein Kräuterbestimmungsbuch, das nach einigen Kräuterexkursionen jedoch bald hinfällig wird, hilfreich..
Ferner etwas zu trinken, gute Laune und etwas Muße und Zeit.
Kräutersammeln ist keine Arbeit im eigentlichen Sinn, sondern auch eine Rückbesinnung auf alte Werte und Tugenden – und jede
Menge Spaß.
Morgens durch den Wald oder über taubedeckte Wiesen zu streunern ist eine der schönsten Aufgaben die man sich „antun“ kann.
Wenn man Kräuter sammelt, gibt es ein paar Anstandsregeln, die für alle Waldschrate gültig und selbstverständlich sind (der Wald- und Wiesenknigge):
- Wenn Sie den geeigneten Kräutersammelplatz gefunden haben, so gehört es sich, die Pflanzen nicht mit Stumpf und Stiel auszureißen und ihnen so die Möglichkeit des Nachwachsens zu nehmen. Sanfter und verträglicher ist ein schneller Schnitt mit einem scharfen Messer.
- Wenn Sie die gewünschte Pflanze gefunden haben, so nehmen Sie bitte nicht alle Vertreter ihrer Art. Nachkommende Kräutersammler freuen sich auch über einen kleinen Fund. Die Kräuter gehören allen, nicht nur Ihnen alleine.
- Wenn man in der Natur ist, so ist man dennoch Gast, auch wenn man zu Hause ist. Lautes Lärmen, Musik aus der Box sind nicht erwünscht. Die Tiere werden es Ihnen danken. Partys können Sie zu Hause feiern, in der freien Natur gehört sich das nicht (oder nur sehr bedingt unter Wahrung der Gesamtatmosphäre) – so angesagt die „location“ auch sein mag.
- Sammelt man Kräuter, so empfiehlt es sich, dieses dankbar zu tun. Die Kräuter sind danach umso schmackhafter und bekömmlicher.
- Man sammelt immer nur soviel, wie man gerade benötigt. Deswegen macht man sich im Vorfeld Gedanken, wie viel Zeit man an dem Sammeltag hat, um die Kräuter zu verarbeiten. Es ist schade, wenn sich die Kräuter umsonst geben und sie danach nur verrotten.
- Wählen Sie nur die gesündesten und stärksten Pflanzen aus. Sie wachsen danach am besten nach.
- Wenn Sie die astrologischen Gegebenheiten nutzen wollen, so sammeln Sie die oberirdischen Pflanzenteile bei zunehmendem oder Vollmond, die unterirdischen bei abnehmendem Mond.
- Nehmen Sie nie die Pflanze samt Wurzel heraus – es sei denn, es ist gerade die Wurzel, auf die Sie es abgesehen haben.
- Die Pflanzen enthalten die meisten ätherischen Öle, wenn der Morgentau gerade verdunstet ist.
- Sammeln Sie die Kräuter selbst. So wissen Sie, wo Sie sie gesammelt haben.
- Kräuter werden vor dem Trocknen nicht gewaschen, deswegen meiden Sie beim Sammeln gleich die verschmutzten und staubigen Pflanzen.
- Geschützte Pflanzen sind selbst für Sie tabu ! Sie bleiben in der Natur stehen – so schwer es auch fällt. Unter www.wisia.de können Sie erfahren, ob Ihre gesuchten Pflanzen geschützt sind.
- Sammeln Sie nur Pflanzen, bei denen Sie absolut sicher sind. Manche Pilze isst man nur einmal – genauso verhält es sich auch mit den Pflanzen. Finger weg von allen Unbekannten.